Mainz Fußball mit Lust und Leidenschaft in 1905
Als am 16. März 1905 acht junge Männer den 1. Mainzer Fußballclub Hassia gründen, wissen sie nicht, was exakt 100 Jahre später für ein Spektakel und eine Euphorie um den neuen Kultverein der Bundesliga herrscht. Sogar Bundeskanzler Gerhard Schröder gibt sich die Ehre, besucht eine Trainingseinheit des FSV. Zuvor hält bereits bei der 100-Jahr- Feier Bundesinnenminister Otto Schily vor 900 geladenen Gästen und über 30.000 Fans in der Mainzer Innenstadt die Laudatio.
Mainz wie es singt, lacht und siegt. Selbst auf der internationalen Bühne. Der beste Aufsteiger der Saison 2004/2005 profitiert als erster deutscher Verein von der Fairplay-Regelung. Die Deutsche Fußball Liga (DFL) nominiert Mainz aufgrund der Faktoren „Verhalten der Vereins-Offiziellen und Fans” im ersten Bundesliga-Jahr für dieses Auswahlverfahren, bei der die 05er durch das Losglück zu den beiden Vereinen zählen, die aus sechs Clubs in den UI-Cup gelangen. Typisch für Mainz, dass der Vater des Erfolges, Trainer Jürgen Klopp, von der Teilnahme am internationalen Wettbewerb im Türkei-Urlaub am Pool erfährt. „Ich habe den Schrei am Telefon nicht verstanden. Aber es war wohl sein Lieblingswort mit vier Buchstaben – geil“, erinnert sich Präsident Strutz über den Jubelausbruch des Cheftrainers.
Stichwort geil, Stichwort Jürgen Klopp. „Er war ein absoluter Glücksgriff für uns”, schwärmt Präsident Harald Strutz über seinen ehemaligen Spieler, der am 27. Februar 2001 nach elf Profijahren und 324 Zweitliga-Begegnungen über Nacht vom Spieler zum Trainer wird. Obwohl der FSV in den Jahren 2002 und 2003 jeweils nur aufgrund des schlechteren Torverhältnisses den Bundesliga-Aufstieg verpasst, lebt der diplomierte Sportwissenschaftler seiner Mannschaft eine unglaubliche Begeisterung vor. Das Auftreten der Mainzer, geprägt von Lust und Leidenschaft, ermöglicht am 23. Mai 2004 den so lange ersehnten Aufstieg ins Oberhaus. Bei der Aufstiegsparty vor über 20.000 Fans in der Mainzer Innenstadt ist „Kloppo” der umjubelte Held und verspricht vollmundig, „ein Wiedersehen auf diesem Platz bei Erreichen des Uefa-Cups”. Premier Liga Expertentipps und zwar kostenlos nur bei 123Sportwetten.eu
In seiner ersten Saison als Erstliga-Trainer sorgt Klopp aufgrund seiner ungewöhnlichen Methoden mit seiner Mannschaft für Aufsehen. Als Saisonvorbereitung wählt er ein Überlebens- Training in der schwedischen Wildnis, wo Spieler, Betreuer und Trainerstab in Zelten übernachten. In der Winterpause sorgt ein 128 Fragen umfassender Psycho-Test für Aufsehen, da Klopp auch über die sexuellen Wünsche und Phantasien seiner Spieler Auskunft haben möchte. „Wir versuchen damit, die Lebensmotive der Spieler herauszufinden. Da geht es um Ehre, Familie, körperliche Aktivitäten und auch um Eros. Ich finde das nicht intim”, so Klopp. Wie verrückt der Trainer selbst ist, wird deutlich, als er am Saisonende seinen auslaufenden Vertrag per Handschlag verlängert. Kein Vertrag, keine Unterschrift, kein Papier dokumentiert die Beschäftigung des „positiven Verrückten”, wie ihn Präsident Strutz nicht besser beschreiben könnte.
Der Höhenflug seiner Mannschaft hat da bereits begonnen. Zu Saisonbeginn stürzen die Mainzer in steter Regelmäßigkeit im heimischen „Bruchweg- Stadion” die Großen der Bundesliga. Hamburg, Leverkusen und Bremen werden Fußball-Lektionen und Lehrstunden erteilt. Gerade einmal der frühere Champions-League- und Weltpokal-
Trainer Jürgen Klopp ist die zentrale Figur im Mainzer Erfolgs-Puzzle. Sowohl bei den Fans als auch bei den Spielern (hier Da Silva in der Partie gegen Werder Bremen) genießt er großen Respekt.
Sieger Borussia Dortmund kann in den ersten vier Heimspielen einen Punkt aus Mainz entführen. Und das alles mit einer Mannschaft der Namenlosen. Der Kader von Klopp, der auf Stars verzichtet, weist zum Saisonstart im August 2004 eine Erfahrung von 250 Bundesliga-Spielen auf. Selbst Mitaufsteiger 1. FC Nürnberg kommt auf das Dreifache, Rekordmeister FC Bayern München gar auf das 15-fache. Und dennoch steht Mainz in der Tabelle zeitweise besser da als die großen Bayern. Kein Wunder, dass selbst der Trainer mit einem eigens angefertigten T-Shirt, auf dessen Rückseite die aktuelle Tabelle steht, durch die Mainzer Innenstadt spaziert.
Im Zuge der sportlichen Erfolge erhält auch das Bruchweg-Stadion ein neues Gesicht. Mit Hilfe des Landes und einer Finanzspritze von 6,5 Millionen Euro, zugesichert von Ministerpräsident Kurt Beck. „Der Aufstieg in die Bundesliga hat uns da sicherlich geholfen”, so Strutz. Eine neue Haupttribüne, neue Trakte für VIPs, Mannschaft und Medienvertreter machen aus dem Stadion ein Schmuckkästchen. Und mit der Erweiterung steigt in der Stadt der Universitäten und Singles (45,3 Prozent der
Gesamtbevölkerung) die Lust auf Fußball. Die Heimspiele in der Bundesliga werden zu Partys, das Bruchweg- Stadion mit einem Fassungsvermögen von 22.500 Zuschauern ist nahezu bei jedem Spiel ausverkauft. Aufgrund mangelnder Kapazität findet der erste internationale Auftritt des Aufsteigers auch in der benachbarten WM-Arena in Frankfurt statt.
Am 14. Juli steigt das erste Europacup- Heimspiel gegen den armenischen Vizemeister FC Mika Aschtarak. 25.000 Zuschauer werden Zeugen eines berauschenden Fußballabends, an dem Petr Ruman nach acht Minuten das erste FSV-Tor auf internationalem Parkett erzielt. „Ich hätte nichts dagegen, wenn wir jetzt regelmäßig hierauftreten und im UEFA-Pokal spielen würden”, freut sich Klopp. Der Traum vom UEFA-Cup wird sogar noch wahr. Nach zwei Siegen gegen Aschtarak schaltet Mainz in der Qualifikation auch den zweiten Stolperstein, den isländischen Verein IB Kevlavik, aus. Mainz wird in einem Atemzug mit Inter Mailand, dem FC Sevilla, AJ Auxerre und dem AS Rom genannt. „Wir sind am Ziel unserer Träume angelangt. Da bleibt selbst mir die Sprache weg”, strahlt Jürgen Klopp.
Nicht jedoch den verrücktesten Fans der Bundesliga. Sie feiern – auch im fremden WM-Stadion in Frankfurt – ihren Club. Die Schlachtgesänge aus der Liga werden auch auf der internationalen Bühne zum Kult. „Wir sind nur ein Karnevalsverein”, bejubeln die begeisternden Fans der Mainzer ihre 05er.